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Die Sprachstarken

«Fachlogik ist nicht Lernlogik»

Was unterscheidet «Die Sprachstarken 1» von anderen Deutschlehrwerken? Ihr Konzept, das auf dem Spracherfahrungsansatz aufbaut und damit die Kinder auf individuellen Lernwegen zum Lesen und Schreiben führt. Erika Brinkmann und Hans Brügelmann erklären Grundlagen und Bedeutung dieses Ansatzes.

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Ein Beispiel für die verstärkende Rückmeldung zum Schreibversuch eines lernenden Kindes

Um Kindern den Erwerb der komplexen Schriftsprache zu erleichtern, bemühen sich Didaktikerinnen und Didaktiker, die Anforderungen zu vereinfachen. Dabei gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze: Die einen nehmen fachwissenschaftliche Modelle wie Theorien der Orthografie als Ausgangspunkt. Diese setzen sie dann in sachlogisch aufgebaute Lehrgänge um. Mit der Hilfe dieser «Elementarisierung» versucht beispielsweise der silbenanalytische Ansatz, die Kinder in kleinen und für alle gleichen Schritten zum Lesen und Schreiben zu führen. Andere Konzepte, wie der Spracherfahrungsansatz in den «Sprachstarken 1», orientieren sich an den persönlichen Erfahrungen und aktuellen kognitiven Entwicklungen der Kinder. Individuelle Rückmeldungen, etwa zu lautorientierten Spontanschreibungen (siehe Abbildung rechts), unterstützen den jeweils nächsten Schritt in Richtung angezielter Norm.

Fehler vermeiden – oder sie als selbstständige Vereinfachung des Lernstoffes sehen

Der silbenanalytische Ansatz zielt auf Fehlervermeidung: Die Kinder dürfen nur lesen und schreiben, was vom Lehrgang eingeführt ist. Der Spracherfahrungsansatz akzeptiert Fehler als Vereinfachungen durch die Kinder selbst. Auf diesem Weg erschaffen sie sich selbstständig erste, auf ihrem Entwicklungsstand durchaus sinnvolle Zugänge zu neuen Bereichen. Der Spracherfahrungsansatz setzt auf eine allmähliche Anpassung dieser Vorformen an die Orthografie – wie beim Lautspracherwerb vor Schuleintritt. Eine natürliche Weiterentwicklung: Lernt ein Kind gehen, akzeptieren wir schliesslich auch ganz selbstverständlich zunächst das Krabbeln und verlangen nicht sofort Treppensteigen oder gar Tanzen im Takt.

Das sagt Werner Senn, fachdidaktischer Projektleiter der «Sprachstarken 2–9», zum Konzept:

«Der Spracherfahrungsansatz ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, auf ihrem individuellen Lernweg und ihrem Entwicklungsstand Lesen und Schreiben zu lernen. Damit bildet dieser Ansatz die Brücke zwischen dem Anfangsunterricht in ‹Die kleinen Sprachstarken›, ‹Die Sprachstarken 1› und dem weiteren Sprachlernen in den Folgebänden ‹Die Sprachstarken 2‒6›.»

Der Unterschied zwischen didaktischer und pädagogischer Ebene

In der Diskussion über die beiden unterschiedlichen Ansätze sind zwei Ebenen zu unterscheiden: die didaktische und die pädagogische. Bei ersterer geht es um eine fachlich begründete und methodisch geschickte Anregung von Lernschritten. Hier gilt es zu beachten: Was für einen Linguistiker oder eine Linguistikerin als Modell dafür hilfreich sein kann, allgemeine Strukturen der Orthografie zu (re-)konstruieren, ist nicht automatisch auch ein Werkzeug für Lernende zur selbstständigen Erschliessung noch unbekannter Wörter beim Verfassen eigener Texte. Bereits die Diskussion über die Ansätze des Sachunterrichts hat es gezeigt: Was fachwissenschaftlich elementar ist, muss nicht auch (entwicklungs-)psychologisch oder didaktisch elementar und damit beim Lernen hilfreich sein. Fachlogik (oder die «Struktur der Disziplin») ist nicht Lernlogik. Besonders die silbenanalytischen Ansätze sind nur für einen kleinen Teil der Rechtschreibprobleme hilfreich. Zudem konkurrieren mit ihnen weitere Modelle, zum Beispiel morphematisch orientierte, die aus linguistischer und didaktischer Sicht durchaus gleichwertig sind. Unser Fazit: Schrifttheoretische Modelle können für Lehrpersonen als «fachliche Brillen» nützlich sein, als didaktische Konzepte nützen sie bei den Herausforderungen, vor denen Anfängerinnen und Anfänger stehen, aber nur wenig (mehr zum Thema finden Sie auf t1p.de/silbenanalyse).

Zur Autorin und zum Autor

Erika Brinkmann und Hans Brügelmann gehören zum Autorenteam von «Die Sprachstarken 1». Erika Brinkmann, die auch als fachdidaktische Leiterin bei den «Sprachstarken 1» tätig ist, war bis 2017 Professorin für deutsche Sprache, Literatur und deren Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Hans Brügelmann war bis 2012 Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Grundschulpädagogik und -didaktik an der Universität Siegen. Gemeinsam haben sie den Spracherfahrungsansatz für den deutschen Sprachraum weiterentwickelt, und Erika Brinkmann hat als Herausgeberin und Autorin der «ABC-Lernlandschaft» das passende Unterrichtsmaterial dazu konzipiert.

Der Spracherfahrungsansatz setzt auf die persönliche Bedeutung der Sprache

Auf der pädagogischen Ebene sind fachübergreifend grundsätzliche Anforderungen an den Unterricht zu klären, wie Selbstständigkeit oder persönliche Bedeutsamkeit. Für ein Lehrwerk wie «Die Sprachstarken 1» ist es zentral, den lernenden Kindern eine selbstständige Teilhabe an der Schriftkultur zu ermöglichen («Schriftkultur im Klassenzimmer»). Sie sollen die Schriftsprache von Beginn weg als Instrument kennen lernen, um über das Schreiben eigene Gedanken und Ideen mitzuteilen und über das Lesen Zugang zu den Ansichten und Vorstellungen anderer zu erhalten. Beim Spracherfahrungsansatz versteht sich die Lehrperson als Expertin oder Experte für verschiedene Lernwege. Sie schafft einen Rahmen für die unterschiedlichen Zugänge und bietet Unterstützung, damit jedes Kind auf seinem individuellen Entwicklungsstand Schritt für Schritt vorankommt. «Die Sprachstarken 1» liefern Aufgaben, Materialien und Werkzeuge, die ein solches «Lernen im eigenen Takt» anregen und unterstützen. In diesem Lernraum (und nicht Lehrgang) sind – wie übrigens auch im Churer Modell des offenen Unterrichts – individuelle und gemeinsame Aktivitäten eng aufeinander abgestimmt, um die Lese- und Schreibkompetenzen über den persönlich bedeutsamen Gebrauch der Schrift(sprache) des einzelnen Kindes zu entwickeln.

Hier erfahren Sie mehr über «Die Sprachstarken 1–6»


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